Linz (OTS) – Auf der diesjährigen Real Vienna war das von der
Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft
(ÖGNI) initiierte Green & Blue Sustainable Forum mit
Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und weiteren 15 internationalen
Referenten ein Höhepunkt der zwei Messetage. Diese Veranstaltung
wurde in Kooperation mit dem GEWINN bzw. ULI durchgeführt. Erstmals
in Österreich wurden zudem ein neues System für die Bestandsanalyse
sowie die Ethik-Zertifizierung für Immobilienunternehmen vorgestellt.

Nachhaltigkeit im Bestand: Vision oder Realität?

„Neubauten machen ca. 0,5 Prozent des Immobilienvolumens aus. Nur
mit dem Neubau können wir daher die Herausforderungen der
Nachhaltigkeit nicht lösen. Es ist eine Weltpremiere, dass wir heute
hier in Wien erstmals ein Bewertungssystem für den nachhaltigen
Bestand vorstellen,“ so Philipp Kaufmann in seiner Einleitung zu
einer mit Christian Wetzel (CalCon), Ewald Stückler (Tecno Office
Consult), Doris Wirth (bluewaters) und Karl Friedl (M.O.O.CON)
hochkarätig besetzten Diskussionsrunde.

Mit dem „Gebäudepickerl“ unter dem Markennamen „BlueCard“ steht
der Bau- und Immobilienbranche erstmals ein Gebäudepass für die
Nachhaltigkeit des Bestands zur Verfügung. Das ab Mitte Juni
verfügbare System der ÖGNI ermöglicht erstmalig eine Ist-Analyse
eines Gebäudes im Hinblick auf ökonomische, ökologische und soziale
Nachhaltigkeitsfaktoren. Die BlueCard baut auf dem Energieausweis
auf, integriert deutlich mehr Faktoren und ist insbesondere für große
Bestandshalter, sprich Portfolios, von Interesse.

Mit dem ÖGNI-Bewertungssystem kann ein Gebäude innerhalb von ca. 2
Manntagen auf rund 30 anerkannte Nachhaltigkeitskriterien überprüft
werden. Und das ist am Markt gefragt. Denn Bauherren haben immer mehr
das Problem, dass sie wissen müssen, wie es um Parameter wie Energie-
und Wasserverbrauch, Luftqualität, Abfall oder Bauökologie im Gebäude
steht. Derzeit ist das System für Wohn-, Büro- und Handelsbauten
verfügbar, aufgrund des großen Interesses am Markt wird nun auch
bereits die Variante für Industriebauten weiterentwickelt.

Die BlueCard bedeutet in Zukunft vor allem eines: die Sicherheit,
dass ein Immobilienportfolio in den nächsten Jahren bewirtschaftbar
und vermarktbar ist. Dazu abschließend Christian Wetzel (CalCon),
Mitglied der Arbeitsgruppe „Bestandsanalyse“: „Bei der BlueCard zählt
nicht Gold, Silber oder Bronze, sondern allein der Faktor nachhaltig
oder nicht.“

Fotograf: MATHIAS LAURINGER - Fotocredit: ÖGNI - Ort: Österreich
Fotograf: MATHIAS LAURINGER - Fotocredit: ÖGNI - Ort: Österreich

Green & Blue: Sustainable Forum

In kompakten zwei Stunden wurden, moderiert von Präsident Philipp
Kaufmann (ULI, WU, ÖGNI), die Strategien für die Nachhaltigkeit, die
Innovationen bei nachhaltigen Produkten sowie die Frage von Corporate
Governance und CSR mit 15 internationalen Referenten aus Theorie und
Praxis diskutiert.

In seiner Eröffnungsrede betont Philipp Kaufmann die große Chance,
mit dem derzeitigen Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit die Bau-
und Immobilienbranche zu verändern. „Mit der geforderten integralen
Planung, neuen Prozessen und neuen Werkzeugen, wie einer Ökobilanz
und einer Lebenszykluskostenrechnung, sind die Voraussetzungen dafür
gegeben“, so Kaufmann, „und dies sowohl für den Bestand als auch für
den Neubau“. ÖGNI ist für ihn die Plattform, um alle Akteure des
Planens, Bauens und Bewirtschaftens an einen Tisch zu bringen und
gemeinsam eine neue Kultur des Miteinanders zu finden. Leitfäden,
Standards und Erfahrungen aus umgesetzten Projekten helfen den
Mitgliedern, die aktuellen Herausforderungen besser zu meistern.
Unverständlich ist für Kaufmann, dass auch im Rathaus am Dienstag,
den 24.05.2011, die Facility Management Community und die
Immobilienwirtschaft getrennt gefeiert haben. „Ziel kann doch nur
sein, gemeinsam zu tagen, zu arbeiten und auch zu feiern,“ formuliert
Kaufmann seinen Wunsch des zukünftigen gemeinsamen Handelns.

Kaufmann sieht sich mit der Entwicklung der
Nachhaltigkeitsdiskussion in Österreich mit den drei Gründen
(Internationalität, aus der Branche für die Branche und Marktkräfte
nutzbar machen), welche zur Gründung von ÖGNI geführt haben,
bestätigt: „Nachhaltigkeit kann und muss international vernetzt
umgesetzt werden, dafür brauchen wir alle Stakeholder aus Wirtschaft
und Wissenschaft. Dieses Mitmach-System lässt Wissen entstehen,
welches der Branche im Sinne von Open-Source zur Verfügung steht. Der
dritte Grund verändert mit Marktkräften die Prozesse und das Handeln
der Akteure. Mit mehr als 100 ÖGNI Auditoren und Experten steht der
Branche das notwendige Know-How zur Verfügung“, so Präsident
Kaufmann.

Unter dem Titel „Framework for the sustainable Revolution“ sprach
sich Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou in ihrer Keynote
insbesondere für eine integrierte Planung von Städtebau und Mobiliät
aus.

„Städtebau muss heute ein verändertes Mobilitätsverhalten
berücksichtigen, das wir weltweit brauchen,“ so Vassilakou. Die
Vizebürgermeisterin präsentierte zwei ihrer ingesamt 10 Punkte für
den Städtebau der Zukunft: Städte müssen effizient sein und Städte
stehen für Wachstum.

Dabei seien es vor allem Kriterien wie Licht, Wasser,
Bewegungsfreiheit und Sicherheit, nach denen Städte heute gebaut
werden müssten.

Kompaktere Bauformen, ein geringerer Flächenverbrauch und bessere
Nutzungsformen – dies sind für Vassilakou jene drei Thesen im Herzen
der Nachhaltigkeitsdebatte, die heute geführt werden muss. Damit soll
es möglich werden, den Energieverbrauch in Wien bis zum Jahr 2030 um
10 Prozent zu reduzieren, und das bei einem gleichzeitigen
Bevölkerungswachstum auf zwei Millionen Einwohner.

„Wir brauchen intelligente nachhaltige Energiesysteme und eine
integrierte Planung, um das zu erreichen. Und: wir brauchen die
Diskussion um die Planwertabgabe,“ formulierte Vassilakou
abschließend ihre Forderung.

Panel 1: Für die Zukunft kostensicher, komfortabel und ökologisch
bauen

Im Rahmen des Panels „Sustainable Strategies. Unlocking the hidden
value“ wurde schnell deutlich, dass die drei Säulen des nachhaltigen
Bauens und Bewirtschaftens – Ökologie, Ökonomie und Soziale Faktoren
– für die Gebäude und den Städtebau der Zukunft untrennbar
miteinander verbunden sind. Zu diesem Ergebnis kamen die
Diskussionsteilnehmer Michael Griesmayr (IC Projektentwicklung und
Vizepräsident von ÖGNI), Hans Sommer (Gründer und Gesellschafter von
Drees & Sommer), Architekt Christian Heiss, Vizebürgermeisterin Maria
Vassilakou und Karl-Heinz Strauss (PORR).

Michael Griesmayr: „Wir wollten einen Platz schaffen, wo sich
Menschen wohl fühlen. Das war die Grundüberlegung bei der Planung des
Viertel Zwei und der Erfolg gibt uns Recht. Zentrale Herausforderung
ist das Zusammenwirken von Politik und Projektentwicklung, denn ohne
gute Infrastruktur und vernünftige Rahmenbedingungen sind Blue
Buildings im ganzheitlichen Sinn nicht nachhaltig.“

Da sich ein Objekt meist nicht mit dem Erstmieter amortisiert, ist
für Karl-Heinz Strauss die Anpassungsfähigkeit an zuküftige
Anforderungen besonders wichtig. Strauss: „Nachhaltigkeit war von
jeher ein Thema, sie stellt sich aber heute unterschiedlicher dar als
vor 10 Jahren. Heute müssen wir darauf achten, nicht nur für den
Erstmieter zu bauen, sondern so, dass sich das Bürokonzept auch in
den nächsten 20 Jahren rechnet.“

Professor Hans Sommer (Gründer und Gesellschafter von Drees &
Sommer) hebt in diesem Zusammenhang die Lifecycle-Costs hervor:
„Ökonomie und Ökologie muss unter einen Hut. Nur wenn ich die
Lifecycle-Costs im Griff habe, wenn sich die Kosten über einen
Zeitraum von 10 Jahren amortisieren, können sich nachhaltige Konzepte
durchsetzen.“ Abschließend spricht er sich aus seiner langjährigen
Erfahrung klar gegen allzu restriktive Rahmenbedingungen aus.

Panel 2: Innovative Produkte als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Innovative Produkte, welche die Nachhaltigkeit eines Gebäudes
vielfach erst ermöglichen, standen im Mittelpunkt des zweiten Panels
mit Winfried Heusler (Schüco International), Ewald Müller
(AluKönigStahl), Wolfgang Poppe (VASKO + PARTNER Ingenieure),
Willibald Kaltenbrunner (denkstatt) und Marco Kohla (Immofinanz).

Es liegt nicht am Produkt, es liegt am Prozess – so das klare
Ergebnis dieses Podiums. Denn das frühzeitige und auf ausführlichen
Informationen beruhende Einbinden der nachhaltigen Produkte im
Planungsprozess sei der erste Schritt zu einem nachhaltigen Gebäude.

Die von Philipp Kaufmann eingangs gestellte Frage, ob denn diese
Produkte in Österreich auch eingesetzt werden, beantwortete Ewald
Müller (AluKönigStahl) zunächst mit einem klaren „Nein“. Jedoch, so
ist sich Ewald Müller sicher: „Nie war die Einigkeit grundsätzlich so
groß wie heute, dass wir ökologisch und ökonomisch nachhaltig denken
müssen. Wir müssen über die Prozesse nachdenken. Bereits im ersten
Planungsschritt müssen alle integrativ nachhaltig denken.“

Für Willibald Kaltenbrunner (denkstatt) ist es neben der
Berücksichtigung im Planungsprozess auch wichtig, entsprechende
Informationen über nachhaltige Produkte zur Verfügung zu haben:
„Wesentlich ist die klare und nachvollziehbare Darstellung der
Nachhaltigkeits-Vorteile einer Lösung oder eines Produktes für das
Planungsteam. Nur so können die Produkte Eingang in den Integralen
Planungsprozess finden. Werkzeuge wie Environmental Product
Declarations (EPDs) spielen dabei eine zentrale Rolle.“

Panel 3: Überprüfbare ethische Standards, die sich rechnen

Nicht nur das Produkt, auch das Unternehmen soll in Zukunft ein
Zertifikat für ethisches Handeln erhalten. Im dritten Panel – am
Podium Franz Haimerl (LeitnerLeitner), Wolfhard Frommwald (CA Immo),
Thomas Beyerle (IVG Immobilien AG), Wulf Meinel (ICG) und Richard
Teichmann (Bischoff & Compagnons) – wurde erstmals über die von ÖGNI
in Kooperation mit der „Initiative Corporate Governance der deutschen
Immobilienwirtschaft“ (ICG) entwickelten neuen Standards für das
ethische Handeln von Immobilienunternehmen in Österreich diskutiert.
Damit sollen Corporate Governance, Compliance Management und
Corporate Social Responsibility (CSR) leichter umsetzbar sein und so
zu erhöhter Markttransparenz und Professionalisierung der
Immobilienbranche beitragen.

Sehr positiv wird diese Entwicklung von Wolfhard Frommwald
gesehen, der die CA Immo 2012 als eines der ersten Unternehmen in
Österreich zertifizieren lassen wird. „Wir haben insgesamt als
Immobilienbranche etwas gut zu machen. Wir unterlegen uns hier einer
sehr kritischen Betrachtung und müssen jedes Jahr von neuem beweisen,
dass wir diese Kodices auch tatsächlich umsetzen.“

Für Franz Haimerl und Thomas Beyerle ist dabei klar, dass auch ein
Ethik-Standard letztendlich eine ökonomische Funktion übernehmen
muss. Denn, so Beyerle: „Wenn es sich nicht rechnet, wird es niemand
machen. Der Druck kommt derzeit von oben, Geschäfte werden oftmals
nur noch gemacht, wenn gewisse Standards eingehalten werden.“

„Alles muss sich rechnen, aber trotzdem geht es dabei um Werte“ –
für Richard Teichmann steht damit fest, dass mit der Einleitung eines
Wertewandels das Blue Building in der Immobilienbranche endgültig
Einzug gehalten hat.

Auszeichnung für „Akteure der Nachhaltigkeit“

Im Anschluss an das dreiteilige Forum wurden schließlich die
ÖGNI-Urkunden für die „Akteure der Nachhaltigkeit“ verliehen. Dazu
Philipp Kaufmann: „Wir verfolgen bei der Nachhaltigkeit die Strategie
der drei Ps: Produkte (Immobilien), Prozesse (Unternehmen) und
Personen, die ihre Kompetenz im Sinne der Nachhaltigkeit bei ÖGNI
einsetzen. Damit schaffen wir ein stimmiges Zusammenspiel, das den
Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit ermöglicht.“

Die Liste der ausgezeichneten „Akteure der Nachhaltigkeit“ finden
Sie auf www.ogni.at

Rückfragehinweis:
wiko
Mag. Helene Fink
helene.fink@wiko.cc
Mobil: +43 699 16020016

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/10486/aom

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